Nikkormat FTn

Nikkormat FTn with Nikkor 20/2.8
Geschichte - es begann 1967
FTn im Detail
Galerie - Bilder, die mit der FTn entstanden sind
Conclusio - für wen und wofür ist diese Kamera geeignet
Links und andere Quellen

Geschichte

Als Nikon (Nippon Kogaku K. K.) im Jahre 1959 die Nikon F herausbrachte, hatten sie einen unerwartet grossen Erfolg. Sie war für Profis konzipiert, die als Kriegsberichterstatter in Korea und Vietnam eine robuste Kamera verlangten, die sie an ihre Bedürfnisse anpassen konnten. Deshalb waren die Kameras, die aus den Nikon-Sucherkameras weiterentwickelt wurden, teuer und konnten auch nicht viel billiger produziert werden, weil sie aus vielen hochpräzisen Teilen bestehen und Profi-Features wie Wechselprismen und Titanschlitzverschlüsse aufweisen. Nur wenige betuchte Amateure konnten es sie sich leisten, eine “F” einzusetzen.

Da hatte man bei Nikon eine geniale Idee: eine Amateur-SLR, die das Zubehör und die Objektive der F mitverwenden kann, aber um einige teure Details erleichtert wird. So entstanden 1965 die Nikkormat FT und FS, bei denen man das Wechselprisma einsparte. Die FT bekam dafür einen Integralbelichtungsmesser spendiert, während die FS überhaupt keine Belichtungsmessung besitzt. Allerdings hat man bei Nikon nicht einfach nur den Sparstift angesetzt. Sinnvolle technische Verbesserungen kamen auch dem Amateurmodell zu Gute. So wurde die abnehmbare Rückwand der F gegen ein Modell mit Scharnieren ersetzt, wie wir es heute bei allen SLR-Kameras finden.

1967 kam dann die Nikkormat FTn dazu. Sie war die erste Nikon, bei der man die Blendenkopplung mit dem Objektiv (halb-)automatisiert hatte. Von der Presse wurde sie als wirkliche Konkurrenz zur F gefeiert und war auch kommerziell ein großer Erfolg, weshalb sie bis 1975 gebaut wurde.

1975 folgte die FT2 und mit der FT3 kam 1977 die letzte Nikkormat mit mechanischem Verschluss heraus. Bereits 1972 wurde mit der Nikkormat EL die erste Version mit elektronisch gesteuertem Verschluss auf den Markt gebracht, der 1976 die ELW und 1977 die EL2 folgten. Somit besteht die Nikkormat-Familie aus 8 Kameras. Die in Japan verkauften Modelle waren übrigens mit Nikomat beschriftet.

FTn im Detail

ModellbezeichnungNikkormat FTn
HerstellerNikon
Baujahr1967 - 1975
Filmformat135: 24x36mm
Verschlussvertikaler Metallschluss, 1-1/1000, B
FilmtransportTransporthebel rechts, 135 Grad, aktiviert Belichtungsmessung
SucherTTL-Prisma, 92% Sucherbild
BelichtungsmessungTTL, gekoppelt, mittenbetont (60/40)
Mattscheibe(n)fix, Fresnell mit Mikroprisma (4mm) und 12mm-Ring
AuslöserDruckknopf am Gehäusedeckel rechts
BlitzauslöserX- und M-Kontakt
Zubehörschuhja, abnehmbar
ObjektivanschlussNikon-F-Bajonett
verfügbare ObjektiveNikon-System und Fremdanbieter
Stativanschluss1/4"
weitere FeaturesMLU (Spiegelvorauslösung)
Abblendtaste
Bildzählwerk
Selbstauslöser (8 Sek.)

Die FTn als Sparmodell zu bezeichnen, das kann nur einem F-Modell-Snob einfallen. Zu ihrer Zeit war sie State of the Art und hatte eindeutig Profi-Attribute wie Spiegelvorauslösung und Abblendtaste. Wenn man das Gehäuse mit seinem Gewicht von 765g in die Hand nimmt, ist der erste Eindruck: solide Technik, klar gezeichnete Linien, übersichtliche Bedienung. Dieses Gefühl der Solidität setzt sich bei der Bedienung fort. Der Verschluss macht ein sattes klack, da scheppert nichts und das Uhrwerk der langen Belichtungszeiten surrt leise und gleichmäßig, auch noch nach mehr als 30 Jahren.

Das Gehäuse besteht aus Aluminium und wurde sowohl als völlig schwarze Ausführung als auch silbern mit schwarzer Belederung prodziert. Um eine FTn sicher von ihren Schwestern zu unterscheiden suchen Sie sich die Seriennummer am Gehäuse links oben neben der Belichtungsanzeige. Über dem Belichtungsfenster ist ein “N” eingraviert.

Was einem auf den ersten Blick abgeht, das ist das Verschlusszeitenrad. Es ist als Ring, der sich um das Bajonett dreht, ausgebildet. Somit ergibt sich für den FTn-Fotografen eine klare Arbeitsteilung der Hände: rechts ist Filmtransport, Schärfenkontrolle und Auslöser, links erfolgt Fokussierung, Blenden- und Zeitwahl.

Nikkormat FTn: rewind lever, serial number and exposior control

Der Verschluss ist ein vertikal ablaufender Copal-Lamellenverschluss mit mechanisch gebildeten Zeiten von 1 bis 1/1000 Sekunden, wobei die Zeiten ab 1/250 Sekunde am Zeitenrad rot eingelassen sind um anzuzeigen, dass ein Elektronenblitz nicht mehr die gesamte Bildfläche belichten wird. Da sich bei solch kurzen Zeiten der zweite Vorhang bereits zu schließen beginnt, bevor sich der erste Vorhang vollständig geöffnet hat, der Blitz aber nur sehr kurz leuchtet, wird das Bild im untere Bereich nicht vom Blitzlicht erreicht. Bei der Verwendung von Magnesium-Blitzbirnen ist das kein Problem, die leuchten beim Abbrennen wesentlich länger, insofern macht es durchaus Sinn, dass man der FTn zwei Blitzkontakte spendierte (X/Elektronenblitz und M/Blitzbirne). Einen Zubehörschuh gibt es, er wird am Sucherokular befestigt, hat aber keinen Mittenkontakt, der Blitz wird also mit einem Kabel gezündet.

Was diese Kamera aber zum damaligen Zeitpunkt so besonders machte war die Methode der Blendenkopplung. Schon bei der F konnte man bei offener Arbeitsblende die Aufnahmeblende vorwählen und das wurde in der Belichtungsmessung berücksichtigt. Dazu dient ein kleiner Stift am Bajonett, der in den Blendenübertrager (die sogenannten Eselsohren) einrastet und somit den eingestellten Blendenwert überträgt. Allerdings musste man bei jedem Objektivwechsel den Wert der grössten Blendenöffnung an einem Rad einstellen.

Nikkormat FTn: flash unit

Das hat sich bei der FTn geändert. Beim Einsetzen des Objektives stellt man es auf Blende 5.6, lässt es einrasten und dreht dann den Blendenring einmal ganz nach rechts und links. Damit wird der Kamera mechanisch mitgeteilt, was die größte Blendenöffnung ist. Das wird auch auf der linken Seite am Bajonett angezeigt. Auf dem Foto sehen sie das recht deutlich, die Anzeige liegt knapp unter der Marke 2.8. Diese Drehbewegung wurde sozusagen das Markenzeichen der Nikonfotografen jener Zeit, die erst 1977 mit der Einführung der AI-Objektive zu Ende ging.

Der auffälligste Unterschied zur F war das Fehlen eines Wechselprismas. Für die F, die zu Beginn ihrer Produktion noch keine TTL-Messung kannte, war das Nachrüsten des Belichtungsmessers (das Nikon-F Photomik Prisma) ein wichtiges Feature. Bei der FTn hat man das Messwerk gleich mit eingebaut. Dadurch ist sie auch wesentlich kompakter geworden. Der fehlende Motoranschluss mag Manchen gestört haben, der Schnellspannhebel macht seinem Namen aber alle Ehre.

Abgesehen von der Verschlusszeit ist die Bedienung sehr unspektakulär. Die Sucherinformation besteht aus der Zeitanzeige und einer Anzeige der Über- bzw. Unterbelichtung, die beim ausrücken des Transporthebels aktiviert wird. Dieser Belichtungsabgleich ist auch an der Gehäuseoberseite rechts abzulesen. Die Mattscheibe hat eine helle Fresnell-Struktur, in deren Mitte ein 4mm-Mikroprismenfeld innerhalb des 12mm-Ringes liegt, der den Bereich der mittenbetonten Messung anzeigt. Dieses 12mm-Feld wird zu 60% in die Belichtungsanzeige eingerechnet, der Rest des Bildes zu 40%.

Die Belichtungsmessung ist der einzige Stromverbraucher. Als Quelle diente eine 1.3V-Quecksilberbatterie (die aus Umweltschutzgründen heute kaum noch zu bekommen ist), eine 1,5V-Knopfzelle funktioniert aber auch. Das Messwerk arbeitet im Bereich von EV3-EV17/100 ASA, die Filmempfindlichkeit (am Bajonett unten einzustellen) reicht von 12-1600 ASA.

Um nun die Wirkung der eingestellten Blende kontrollieren zu können gibt es neben dem Auslöser einen Druckknopf, der die Springblende abblendet. Ohne solch eine Einrichtung ist für mich eine SLR kein ernsthaftes Werkzeug. Ein ebensolches Zeichen von Professionalität ist, dass die Filmebene durch ein Symbol am Gehäuse angezeigt wird, was die exakte Ermittlung der Schärfeebene bei Makrofotografie ermöglicht.

Was auch heutzutage nicht bei jeder SLR vorausgesetzt werden kann, ist die Spiegelvorauslösung. Zugegeben, oft braucht man sie nicht, aber bei Langzeitaufnahmen kann die Erschütterung des Spiegelschlages die Aufnahme merklich unscharf machen. Die Verwendung langer Telebrennweiten verstärkt diesen Effekt noch, sodass auch ein stabiles Stativ nicht immer hilft. Naturfotografen wissen, was ich meine. Die FTn besitzt nun nicht nur eine MLU (mirror lock-up), sondern einen am linken Bajonettrand angebachten Schalter, mit dem der Spiegel beliebig gehoben und gesenkt werden kann. Das hat den zusätzlichen Vorteil, dass man auch alte Weitwinkelobjekltive (21mm/4.0) verwenden kann, die zu weit in den Spiegelkasten hineinragen. Dazu muss man vor der Montage des Objektives den Spiegel heben und einen Spezialsucher in den Zubehörschuh einsetzen.

Die FTn wurde für die frühen Nikon-Objektive gebaut, die man heute als nicht-AI (“Non AI”) bezeichnet. Bei ihnen wird die Kopplung mit dem Messwerk der Kamera über zwei Metallwinkel (“Eselsohren”) durchgeführt. Ab 1977 wurden die AI-Objektive gebaut, bei denen die Kopplung über das Bajonett erfolgt. Auch diese Objektive können mit der FTn verwendet werden, sofern sie die Eselsohren besitzen oder sie damit nachgerüstet wurden. Unter dieser Voraussetzung funktionieren auch die AIs-Linsen (bei denen eine Vertiefung in der Bajonettauflage der Kamera signalisiert, dass die Blendenwege gleich lang sind). Die AF-Linsen können auch noch solcherart nachgerüstet werden, was aber schon eher selten passiert. Ohne die Kopplung muss man zur Messung abblenden. Dennoch kann man auch damit ohne größere Probleme arbeiten. Die einzigen Objektive, die definitiv nicht mit der FTn funktionieren sind die G-Nikkore, bei denen es keinen manuell verstellbaren Blendenring gibt.

Hier gibt es einige Bilder, die ich mit der FTn aufgenommen habe.

Conclusio

Nikkormat FTn: bajonet connector

Für mich ist die FTn die ursprüngliche Reporterkamera: stabil, unempfindlich, zuverlässig in allen Lebenslagen. Mechanische Schwächen sind nicht bekannt. Mit einer Ladung Filme in der Hosentasche und einer Reserve-Knopfzelle für den Belichtungsmesser sind Sie bereit für das grosse Abenteuer. Und als Wurfgeschoss ist sie unerreicht!

Spaß beiseite, die FTn ist für Fans mechanischer Wunderwerke ein Objekt der Begierde. Sie ist zu relativ moderaten Preisen zu bekommen. Dabei sollte man sich aber auch nach der bisherigen Verwendung erkundigen. Gerade die von Profis verwendeten Kameras sind eine zwiespältige Sache. Wenn es die Hauptkamera war, dann hat sie viele Filme belichtet. Das sieht man schon am Äusseren. Als Zweitkamera oder bei einem Amateur wurde sie sicher mehr geschont. Nach solch einer Kamera würde ich die Augen offenhalten. Dass dem Verschluss jahrzehntelanges Herumliegen nicht unbedingt gut tut, sollte auch klar sein. Da es sich hier nicht um einen Tuchverschluss handelt, ist das aber nicht so schlimm.

Dass man an der FTn fast alle Objektive (und vor allem alle klassischen) verwenden kann, macht sie zu meiner liebsten KB-SLR. Auf Radausflügen landet sie oft in der Hüfttasche oder im Rucksack. Geschadet hat ihr das nie. Wenn sie Objektive für die Kamera suchen, prüfen sie, ob die Blendenkopplung die Anfangsblende korrekt erkennt. Ich habe ein 28mm-Objektiv, bei dem das nicht funktioniert. Das ist aber die absolute Ausnahme. Meine übliche Reiseausrüstung besteht aus 20/2.8, 35/2, 105/2.5 und einem kleinen Stativ.

Links und andere Quellen

The Nikkormat FTNein schneller Überblick über die Kamera mit schönen Abbildungen
Nikon StoryPeter Lauschs umfangreiche Entwicklungsgeschichte der Nikon-Kameras von den Sucherkameras bis zur D1X.
Nikon System Onlinedie offizielle Nikon-History, die auch auf CD erschienen ist und auf mehr als 600 Seiten und 800 Abbildungen die Geschichte und Konstruktionsdetails aller Kameras, Objektive und Zubehör der Marke von 1917 bis 2000 nachzeichnet
Nikon Lens Evaluationsumfangreiche Vergleichsliste der (vorwiegend manuellen) Objektive für das Nikon-F-Bajonett mit Bewertungen
B. Moose Peterson: Nikon Handbuch
Systemüberblick über Nikon SLR-Kameras, die Objektive und das Zubehör; kurz und bündig werden alle relevanten Informationen gegeben und auch auf Kompatibilitätsprobleme hingewiesen. Peterson unterteilt das Thema Nikon in die Bereiche Kameras, Objektive, Blitze und Zubehör und innerhalb jedes Bereiches geht er chronologisch vor.
Verlag Laterna magica 192 S., (c) 1996, ISBN 3-87467-718-4