Abschließende Betrachtungen und persönliche Erfahrungen

Was kann man in der Praxis damit anfangen?

Auch wenn diese Kameras manchmal älter sind als ihre Besitzer, handelt es sich dennoch um zuverlässige Geräte, die durchaus in der Lage sind, qualitativ hochwertige Schwarzweiss-Bilder zu liefern, die man auch gut bis A4 un darüber hinaus vergrössern kann. Sowohl die drei- als auch die vierlinsigen Objektive sind auf angenehme Weise scharf und kontrastreich, ohne dabei die gewohnt knackigen Resultate japanischer Linsen zu erreichen. Ob man das mag und ob die Qualität den eigenen Ansprüchen genügt, das muss jeder für sich selbst beurteilen. In der Flexaret-Galerie sehen sie einige meiner eigenen Bilder, die seit 2005 mit verschiedenen Modellen entstanden sind.

Dass ich nur mit Schwarzweiss-Filmen arbeite liegt daran, dass die Linsen dafür berechnet sind. Farbfilme waren hinter dem eisernen Vorhang teuer, Schwarzweissmaterial wurde im eigenen Land oder in Bruderstaaten produziert. Deshalb bestand kein Bedarf nach farbkorrigierten Objektiven. Erst ab dem Modell VI hat sich das wohl geändert, hier gab es sogar einen Polfilter als Zubehör. Damit werde ich einmal ein Experiment wagen. Die Ergebnisse finden Sie dann wieder auf diesen Seiten, vielleicht muss ich ja mein Urteil revidieren.

Die Frage ist aber wohl eher grundlegender Natur: kann man damit heute noch zuverlässig gute Fotos machen? In einem kurzen Artikel über die Zustandsbewertung habe ich versucht, darauf eine Antwort zu geben. Soviel vorweg: ja, man kann!

Was wirklich gut mit dieser Kameragattung funktioniert, das sind geplante, wohldurchdachte Aufnahmen, die feinste Kontraste und schöne Tiefenstaffelung zeigen. Stilleben und Portraits, aber auch Landschaft und Architektur, das sind ihre Domänen. Was nicht bedeuten soll, dass man damit nicht auch Streetfotografie betreiben kann. Wer Verschlusszeit und Blende so wählt, dass er eine ausreichende Schärftentiefe hat, ohne zu verwackeln, der braucht nur noch einen schnellen Blick von oben in den Lichtschacht zum Scharfstellen und - klack – fast geräuschlos ist das Foto im Kasten. Und gerade dieser Blick weg vom fotografierten Objekt, auf die Kamera gerichtet, ist für viele Menschen weniger bedrängend als das Hochziehen und Anvisieren, wie es mit einer SLR geschieht.

Lange Belichtungszeiten gelingen durch die entspannte Haltung (“Bauchstativ”) und die geringe bewegte Masse (kein Schwingspiegel, Zentralverschluss) überraschend gut, eine 1/30 Sekunde ist für mich kein Problem. In Verbindung mit dem fast geräuschlosen Verschluss eignet sich der Apparat für Bühnenfotografie und anderen Gelegenheiten, bei denen man nicht auffallen will.

An das seitenverkehrte Bild im Sucher gewöhnt man sich recht schnell, Sportfotos sind aber nicht ganz einfach. Das quadratrische Negativformat ist für manche Fotografen bei der Bildkomposition eine Herausforderung, für andere beinhaltet es einfach Hoch- und Querformat in einer Aufnahme.

Conclusio

Für Neulinge im Mittelformat sind vor allem die Modelle V bis VII ein hochwertiger und dennoch kostengünstiger Einstieg in dieses Gebiet. Sie sind mechanisch stabil, ausgereift, haben die besseren Objektive und die jüngsten stammen vom Beginn der 70er Jahre. Keine Elektronik, nur die Kamera und ein Gelbfilter. Damit können hervorragende Bilder entstehen und man lernt, worum es beim Fotografiern geht: mit Licht zu malen.

ENDE